Neubrandenburg.„Eric will mit seinem Zwillingsbruder um die Wette laufen. Und das schafft er, weil er es schaffen möchte, er hat einen starken Willen“, sagt Claudia Odebrecht voller Liebe und überzeugt über ihren achtjährigen Sohn. Erics Wirbelsäule wurde bei seiner Geburt verletzt, er lag seine ersten neun Lebensmonate nur wie ein Brett da, konnte nicht einmal die Beinchen anziehen. Jetzt geht der Junge mit großer Ernsthaftigkeit und ganz festem Willen auf seinen eigenen Beinen Schritt für Schritt ins Leben. Liebevoll an die Hand genommen wird er dabei im Überregionalen Förderzentrum Neubrandenburg. „Eric ist hier sehr gut aufgehoben. Wenn er nicht gefördert würde – ich will gar nicht darüber nachdenken…“, sagt die Mutter.
Erics Zwillingsbruder kam ohne Komplikationen zur Welt, Eric leider nicht. „Der Arzt hat damals gesagt, er wird nur vier Jahre alt. Zum Glück hatte er nicht Recht. Dr. Seidel hier aus Neubrandenburg renkte die Wirbelsäule des Jungen ein, damit begann Erics Entwicklung zum Guten hin“, erzählt die Mutter. Der Kindergarten kam für Eric nicht in Frage, weil er weder sitzen noch stehen konnte. Aber das Förderzentrum in der Robert-Blum-Straße verfügt über eine
sogenannte teilstationäre Frühfördereinheit, die Eric aufnahm.
Jetzt gerade absolviert er in zwei Jahren die Klassenstufe 1. Und wer Eric zum Beispiel im Mathematikunterricht beobachtet und sieht, mit wieviel Ehrgeiz und Können der Achtjährige dabei ist, glaubt wie seine Mutter, dass er eines Tages nicht nur den Wettlauf gegen den Zwillingsbruder schafft. Andrea Menzel, Leiterin des Förderzentrums, kennt Eric seit zweieinhalb Jahren. Sie bewertet seine Entwicklung als Pädagogin so: „Wie er damals war und wie er heute ist – da liegen Welten dazwischen.“
Ein „Doppel-Zauberwort“ dafür, dass Eric jetzt auf seinem dreirädrigen Fahrrad fahren kann, begeistert im Chor mitsingt und schon manches Stück auf eigenen Beinen geht, heißt „konduktive Förderung“ (siehe Infokasten). Diese Art der Förderung, von der nicht nur Andrea Menzel und Claudia Odebrecht überzeugt sind, gibt es an Schulen deutschlandweit nur in Neubrandenburg und München. Entdeckt wurde diese Art der Förderung, die in Berlin angeboten wurde, von Claudia Odebrecht in der Zeitung. „Das ist genau das Richtige für ihn, wusste ich sofort. Wir gaben damals 4500 Euro aus für Eric. Jetzt sind wir froh, dass es diese Förderung auch hier gibt“, ist Claudia Odebrecht froh.
FOTOS: Hartmut Nieswandt Kontakt zum Autor h.nieswandt@nordkurier.de